Enttäuschender Hexenschmaus


Diese Geschichte hat mir Knappe Heribert von den Kirnsteyner Rittersleuten erzählt, dem ich hier ein dickes Dankeschön aussprechen möchte. Sie trug sich in Brannenburg am Fuße des Wendelsteins zu. Der idyllische Luftkurort liegt ca. 50 km von München entfernt und ist Sommer wie Winter ein schönes Ausflugsziel für Jung und Alt.


Enttäuschender Hexenschmaus

Es ist schon lange her, da machte sich eines schönen Herbsttags von Brannenburg aus ein armer Bettler auf den Weg nach Bayrischzell. Er hoffte, dort besser dran zu sein und sich vor allen Dingen einmal richtig satt essen zu können. Aber der Weg über den Wendelstein zehrte so an seinen Kräften, dass er unterhalb des Wendelsteingipfels in einer Sennhütte Unterschlupf suchte. Die Hütte war unbewohnt, denn die Sennerin war mit ihren Kühen und dem Hütebuben bereits ins Tal gezogen. Auch wenn dem Bettelmann der Magen knurrte, war er für das bescheidene Lager dankbar, bevor er am nächsten Morgen seine Wanderung fortsetzen konnte. Kaum hatte er sich niedergelegt, als er auch schon in tiefen Schlummer fiel.

Er mochte erst wenige Stunden geschlafen haben, als er von lärmenden Stimmen wach wurde. Sollten noch andere Wanderer in dieser Hütte Zuflucht suchen? Aber nein, als er richtig munter geworden war, vernahm er den fröhlichen Lärm eines ausgelassenen Festes. Neugierig erhob er sich und spähte durch eine schmale Ritze im Gebälk nach draußen. Im Licht des Vollmondes, dessen Scheibe über dem Wendelstein ihren Schein strahlen ließ, erblickte er eine wilde Gesellschaft, die gröhlend und tanzend vor der Almhütte ihre Späße trieben. Dass es sich bei den Männern um Teufel handelte, war an ihren Hörnern und dem im Tanz geschwungenen Pferdefuß zu erkennen. Mit ihnen vergnügten sich locker bekleidete, juchzende und hemmungslose Frauen jeden Alters - junge knackige Hexenmädchen mit prallen Schenkeln wie üppige alte Hexen mit lüsternen Gesichtszügen. Plötzlich aber setzte die Musik aus und der Duft von gebratenem Fleisch lockte alle zu einer mit leckeren Speisen und Getränken bestückten Tafel. Der ausgehungerte Bettler traute seinen Augen nicht. Noch fassungsloser war er, als eine der Hexen, die wohl sein gieriges Gesicht im fahlen Mondlicht erspäht hatte, ihm an einer überlangen Gabel einen mächtigen Fleischbrocken reichte von dem das Fett nur so herab triefte. Schon lief dem hungrigen Bettler das Wasser im Munde zusammen. Aber als er in das Fleisch beissen wollte, fiel er, ehe er sich´s versah, wieder in einen tiefen Schlaf.
Als er am nächsten Morgen wach wurde, war von den Hexen, Teufeln und ihrem Drumherum keine Spur mehr zu erblicken. Aber neben ihm lag noch der appetitliche Braten. Rasch griff er danach und biss herzhaft hinein. Aber im Nu spie er den Bissen wieder aus: er schmeckte faul, als ob es Aas wäre. Die Hexe hatte ihn zum Narren gehalten. Es lief im kalt über den Rücken, dass er angesichts der teuflischen Hexengesellschaft die Nacht verbracht hatte. Hastig brach er auf in der Hoffnung, in Bayerischzell wenigstens einen Kanten Brot für seinen ausgehöhlten Magen zu bekommen.


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